Die Frage, wofür ein Unternehmer bezüglich der Arbeitssicherheit in seinem Betrieb verantwortlich ist, lässt sich mit ganz wenigen Worten beantworten: für Alles. Durch Übertragung von Unternehmerpflichten kann er allerdings Pflichten an Führungskräfte übertragen. Dennoch bleibt der Unternehmer trotz der Pflichtenübertragung grundsätzlich verantwortlich für die Arbeitssicherheit seiner Mitarbeiter.
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Übertragung von Unternehmerpflichten (Pflichtenübertragung)
Unternehmer als Hauptverantwortlicher im Arbeitsschutz
Aus diesem „Alles“ kommt der Unternehmer auch nicht heraus, wenn er auf seine Führungskräfte Verantwortung überträgt, so wie es das Arbeitsschutzgesetz in §13 zulässt. Auch wenn die Frage nach der Übertragung von Unternehmerpflichten ein Beurteilungskriterium in Audits ist, so erscheint sie doch vor dem Punkt (1) 4. dieses Paragraphen überflüssig. Unter §13, verantwortliche Personen (im Betrieb) steht: „Verantwortlich für die Erfüllung der sich aus diesem Abschnitt ergebenden Pflichten sind neben dem Arbeitgeber (4) Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse.“ Das bedeutet im Klartext, dass jede Führungskraft, zumindest aber jeder Abteilungsleiter, Betriebsleiter, Filialleiter, der für seine Mitarbeiter nicht nur fachlich sondern auch disziplinarisch verantwortlich ist, automatisch bei Antritt seiner Stelle die dazugehörigen Unternehmerpflichten übernommen hat. Zusätzlich kann der Unternehmer noch weitere, „zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.“ (Punkt (2) §13 ArbSchG). Diese Pflichtenübertragung scheint für den Unternehmer eine angenehme Sache zu sein. Unterschriften unter die Übertragung der Unternehmerpflichten von allen Führungskräften einsammeln und man kann sich, zumindest arbeitsschutzrechtlich, entspannt zurücklehnen. Dem ist zum Glück nicht so.
Übertragung von Unternehmerpflichten an fachkundige Personen
Übertragung von Unternehmerpflichten an fachkundige Person
„Der Unternehmer kann zuverlässige und fachkundige Personen beauftragen, seine Pflichten wahrzunehmen.“ Das klingt für den Unternehmer zunächst mal sehr verlockend, weil er mit zwei Unterschriften auf einem A4- Bogen mit der Überschrift, Übertragung der Unternehmerpflichten, keine schlaflosen Nächte mehr wegen eventuell versäumter Dokumentationen oder übersehener Verletzungsrisiken für seine Mitarbeiter haben muss. Dieser A4-Bogen ist allerdings die mit ihm beschriebene Tinte nicht wert, wenn er im Schadenfall die Zuverlässigkeit und die Fachkunde desjenigen, dem er die Unternehmerpflichten übertragen hat, nicht nachweisen kann. Dazu gehört auch, dass die betreffende Person die ihm übertragene Verantwortung überhaupt annehmen kann, darf und die ihm übertragenen Unternehmerpflichten auch kennt.
Voraussetzung der Pflichtenübertragung Arbeitsschutz
Um einem Mitarbeiter Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz zu übertragen, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Er muss mittels seiner Stellung im Unternehmen dazu befugt sein, die ihm übertragenen Unternehmerpflichten wahrnehmen zu können. Er muss die Verantwortung tragen dürfen, weil er Abteilungsleiter, Bereichsleiter, Filialleiter, o.ä. ist. Das klingt banal, eine Führungskraft kann aber nur für eine Mitarbeitergruppe verantwortlich sein, wenn seine Verantwortung schriftlich für diese Gruppe festgelegt wurde und die entsprechenden Mitarbeiter eindeutig dieser Gruppe zugeordnet werden können.
- Die Führungskraft muss durch den Unternehmer in die Lage versetzt werden ihre Pflichten im Arbeitsschutz erfüllen zu können. Es müssen ihr zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Weiter muss die Führungskraft in den Inhalten seiner Pflichten und Verantwortungen und auch deren möglichen rechtlichen Konsequenzen geschult und unterwiesen sein.
- Gesetze, Vorschriften und Normen, welche die Inhalte der zu übertragenden Unternehmerpflichten definieren, müssen klar umrissen und ihm bekannt sein.
Nur wenn diese drei Grundvoraussetzungen erfüllt sind, kann der Mitarbeiter seiner Fürsorgepflicht als Führungskraft verantwortungsvoll nachkommen. Man spricht hier auch vom Dreieck der Verantwortung.
Die Führungskraft muss seine Aufgaben per Funktion im Betrieb ausführen dürfen. Sie muss die entsprechenden Mittel haben um sie ausführen zu können und die gesetzlichen Vorgaben, welche die Grundlagen und auch die Grenzen der Verantwortung der Führungskraft definieren, müssen bekannt und auch benennbar sein. Eine Führungskraft, die über kein eigenes Budget für die Umsetzung des Arbeitsschutzes in seinem Bereich verfügt, keine zusätzlichen zeitlichen Ressourcen oder Personal für die Erfüllung seiner Aufgaben im Arbeitsschutz zur Verfügung gestellt bekommt, kann seine Unternehmerpflichten nicht wahrnehmen. Im Schadensfall würde hier die Gesamtverantwortung wieder auf den Unternehmer zurückfallen. Das bedeutet, wenn der Unternehmer sich der verantwortungsvollen Übernahme der von ihm an seine Führungskräfte übertragenen Unternehmerpflichten sicher sein möchte, dass er die Erfüllung dieser Aufgaben zu kontrollieren hat. Delegation und Kontrolle sind ein Grundsatz der Pflichtenübertragung. Demnach trägt die Führungskraft für seinen Verantwortungsbereich alle Unternehmerpflichten auf seinen Schultern, die in den jeweiligen Gesetzestexten mit Pflichten des Arbeitgebers benannt werden. Die Führungskraft hat alle Inhalte der §§3-14 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) umzusetzen und bei Nichtbeachtung für die daraus resultierenden Konsequenzen die Verantwortung zu übernehmen.
Warum macht eine Übertragung von Unternehmerpflichten Sinn?
Der Unternehmer trägt bei jeder Übertragung von Unternehmerpflichten auf einen oder mehrere seiner Mitarbeiter immer die strafrechtliche Gesamtverantwortung für den Arbeitsschutz in seinem Unternehmen. Durch die Delegation und die schriftliche Definition der übertragenen Pflichten wird aber in jedem Fall eine Sensibilität bei der jeweiligen Führungskraft erreicht. Auch wenn sich der Unternehmer damit nicht aus der rechtlichen Verantwortung zurückziehen kann, so kann er durch Pflichtenübertragung doch viele zeitaufwendige Aufgaben und Pflichten delegieren und muss deren Erfüllung nur noch kontrollieren und diese Kontrolle auch dokumentieren. Die Erstellung, Aktualisierung, und Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen können somit auch in den Aufgabenbereich der Führungskräfte fallen. Finden Sie hierzu auch bereits fertige, rechtssichere, durch unseren Sicherheitsingenieur erstellte Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen.